zum besseren verständnis der sache hilfreich:
von:
www.greif.de
An dieser Stelle möchte ich ganz besonders darauf hinweisen, dass sich diese Zeilen nur auf das Trinken im Marathon-Training und nicht im -Wettkampf beziehen!
Um den eigentlichen simplen Ernährungsfehler, den wir durch falsches Trinken begehen können zu erklären, muss ich zum besseren Verständnis etwas weit ausholen. Jedem Interessierten ist es bekannt, dass die eigentlich knappe Energiequelle im Marathon-Wettkampf das Glykogen ist. Das sind gespeicherte Kohlenhydrate, die während der sportlichen Betätigung wieder abgebaut werden und dem Körper als Glukose (Zucker) die nötige Verbrennungsenergie liefern. Um ein gutes 42,2 km-Rennen zu laufen, benötigen wir soviel Glykogen wie möglich. Dieser Speicherstoff wird in der Muskulatur und in der Leber eingelagert. Leider sind diese Speicher klein, sie können aber durch Training vergrößert werden.
Der Reiz zur Einlagerung von mehr Glykogen wird durch eine möglichst tiefe Ausschöpfung dieses Substrats im Training gelegt. Bei einem langen Lauf wird sehr viel von den Glykogenreserven verbraucht. Je höher die Ausschöpfung dieser Reserven ist, desto größer ist auch der Reiz zu mehr Einlagerung von mehr Glykogen. Diese Ausschöpfung folgt den Regeln der Superkompensation. Das heißt also, je länger und schneller ich laufe, desto mehr von dem wertvollen Glykogen steht mir beim nächsten Training zur Verfügung (Siehe auch Count Down zur Bestzeit, 35 km mit Endbeschleunigung).
Das Dumme an der Sache ist, dass unser Organismus nun ganz und gar nicht gerne sein Glykogen hergibt. Am Anfang kommt der Energiestrom noch locker, das Laufen macht uns keine Mühe. Mit zunehmender Länge des Trainings merken wir genau, wie unsere Energie so langsam schwindet. Unser Körper gibt immer zäher von seinen Reserven ab. Normalerweise kommen wir dann schnell in den Bereich, wo wir das Training abbrechen möchten. Man bin ich fertig! Ein Marathonläufer muss aber an diesem Punkt noch weiter, um seinen Organismus in einen noch stärkeren Energiemangel zu bringen. Einerseits zwingt er dadurch seine Systeme dazu, immer mehr auf den Fettstoffwechsel zurückzugreifen, andererseits werden aber auch die Glykogenreserven tiefer ausgeschöpft.
In diesem Trainingsbereich möchte man eigentlich nicht mehr laufen. Wir alle fühlen uns völlig leer und sollen dennoch weitermachen. Und doch sind wir jetzt genau an dem Punkt angelangt, wo sich unser Training, von dem des 10 km- oder Halbmarathonläufers unterscheidet. Die Härte an dieser Stelle gegen Dich selbst, macht Dich zum erfolgreichen Marathonläufer.
So und nun kommen wir zum Punkt! Es gibt aber einen Trick, mit dem Du Dir die ganze Sache scheinbar einfacher machen kannst. An dieser Stelle kommt jetzt die mitgeführte Trinkflasche mit einem Energiegetränk (gesüßt!) und unter Umständen auch noch der Energieriegel auf das Trapez. Wer jetzt oder vorher trinkt oder isst, führt dem Körper Kohlenhydrate zu. Nun ist er nicht mehr allein auf das Glykogen aus Muskel und Leber angewiesen, sondern kann auf den frischen Zucker zugreifen, den ihm der Verdauungstrakt liefert. Das geht insbesondere nur im Training, weil jetzt noch genug Kreislaufreserven zur Verfügung stehen, um die Verdauungsorgane zu durchbluten. Die Folge dieser Maßnahme sind einerseits, dass es nicht zu einer tiefen Ausschöpfung der Glykogenreserven kommt, auch der gewünschte hohe Anteil der Ernergiegewinnung aus dem Fettstoffwechsel geringer ausfällt, man sich aber andererseits gesamtkörperlich nicht so ausgepowert fühlt.
Die eigentliche Folge aber ist fatal. Dass, was wir eigentlich erreichen wollten, bleibt aus. Das Ziel einer tiefen Ausschöpfung der Kohlenhydratvorräte wird nicht erreicht. Wir haben die Chance vertan unsere Glykogenreserven durch die Superkompensation entscheidend zu erhöhen. Durch die Zufuhr von Zucker wurde eine Kausalkette unterbrochen.
Die Rache dieser scheinbar guten Tat ist Dir sicher! Im Marathon wird bei deutlich höherem Tempo als im Training mehr und schneller Glykogen verbraucht. Wenn Du dieses verschossen hast und bist allein auf Deinen Fettstoffwechsel angewiesen, dann erlebst Du Dinge von denen Du vorher nur träumen konntest. Besonders dann, wenn Du trotz Energiemangel schnell weiterläufst.
Natürlich werden nicht nur wenige von uns auf die Idee kommen, das sei alles kein Problem, ich kann ja auch im Wettkampf energiereiche Getränke zu mir nehmen oder z.B eine Banane essen, dann klappt es schon. Ja, kann man! Leider aber kommt die Energie nicht mehr dort hin, wo sie gebraucht wird. Denn im Wettkampf sitzt jeder mögliche Milliliter Blut in der arbeitenden Muskulatur und nicht im Verdauungstrakt. Banane und Säftchen werden erst verdaut, wenn Du im Ziel bist.
Es gibt aber einen Trost. Je langsamer jemand läuft, desto besser kann er auch noch innerhalb des Marathons Gewinn aus frisch zugeführter Energie ziehen. Andererseits ist es logischerweise dann auch so, dass schnelle Leute in sich reinstopfen können was sie wollen. Die Chance auf energetischen Zugewinn ist nur minimal (Laufen darum unsere Jungen im oberen Leistungsbereich so langsam?).
In Zusammenfassung rate ich folgendes: Leistungsstarke Läufer unter 3:30 h sollten während der 35 km nur Wasser trinken. Langsameren rate ich, gesüßte Getränke zu sich zu nehmen, so lange sie noch Probleme mit der Strecke haben. Kommt es nicht mehr innerhalb des Trainings zu starken Erschöpfungszuständen, sollte auch diese Gruppe auf Wasser umsteigen. Bei kürzeren Läufen reicht es aus, wenn der Flüssigkeitsverlust nach dem Training ersetzt wird. Dann aber sollte das Getränk richtig energiereich sein. Ich empfehle nach normalen Belastungen Saft, nach den 35 km Ultra-Refresher mit einer Kapsel Apfelessig-Konzentrat.
und:
Getränke
Wenn Du alle technischen Unsicherheiten beseitigt hast, dann kommen wir zu einem wichtigen Punkt der Wasserversorgung vor und im dem Rennen. Über keinen Punkt wird so gestritten, wie über diesen. Dieser Streit kann auch nicht begraben werden, weil es für unterschiedliche Leistungsstärke völlig unterschiedliche Vorgehensweisen gibt. Klar ist eins: Wir brauchen unbedingt zusätzliches Wasser im Rennen, denn mit dem, was wir uns vorher einspeichern können, ist ein Marathonwettkampf nicht zu bestreiten. Obwohl es natürlich sehr sinnvoll ist in den letzten 2 Tagen vor dem Wettkampf wesentlich mehr zu trinken, als unser Körper durch Durst fordert. Es wird von Spitzenmarathonern berichtet, die sich nachts den Wecker stellten, um noch einmal einen halben Liter Mineralwasser zu schlucken, um ja sicher zu stellen, daß der Körper gut hydriert war. Dieses Verfahren scheint mir etwas übertrieben, gehört aber sicherlich zum nötigen Ritual der Vorbereitung.
Immer rein damit...
Natürlich könnte man auch denken: "Was soll ich vor dem Lauf trinken, im Rennen gibt es doch genug!" Die Einstellung ist fatal, denn jede Getränkeaufnahme während des Wettkampfs stört den Rhythmus und birgt die Gefahr des Sturzes, an den meist im wahrsten Sinne des Wortes überlaufenen Wasserstellen, in sich. Außerdem sind die nötigen Mengen nur im Stehen zu trinken, während des Laufs ist es nicht möglich, relevante Mengen zu sich zu nehmen. Die Getränkeaufnahme, die von den Spitzenläufern praktiziert wird, hat mehr eine Alibifunktion des Mundspülens und dient kaum der Flüssigkeitsaufnahme. Sehr gefährlich ist es zu glauben, daß der Körper sich mit Durst schon melden werde, wenn eine Getränkeaufnahme nötig ist.
Wenn Du Durst hast, ist es aus!
Wenn Du in einem Marathon einmal Durst verspürst, dann kannst Du unter dieses Rennen einen Strich machen, es wird eines Deiner schlechteren gewesen sein. Schon der Verlust von 2% Körperflüssigkeit führt zu deutlichen Leistungsabfällen! Mit zunehmenden Temperaturen wird das ausreichende Trinken vor und im Wettkampf natürlich immer wichtiger. Man kann bei entsprechend extremen Bedingungen geradezu ungeheuere Mengen von Wasser verlieren. Wie weit so etwas gehen kann, erlebte ich beim "Swiss Alpin" 1989. Bei diesem Hochgebirgslauf über 67 km war es sehr warm und die Luft war trocken. Ich trank vor dem Start einen ganzen Liter Flüssigkeit und an jeder möglichen Verpflegungstelle mindestens eine halben Liter, mehr konnte ich beim besten Willen nicht hereinbekommen. Dennoch wurde ich schon früh von Krämpfen geplagt und hatte im Ziel einen Gewichtsverlust von 3,5 kg vorzuweisen. Es scheint also so zu sein, daß Läufer mit meiner Figur (87 kg) unter diesen extremen Bedingungen gar nicht so viel Flüssigkeit aufnehmen können, wie nötig wäre. Beim Marathon herrschen zwar andere Bedingungen, aber ohne ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt läuft auch da nichts! Darum scheue Dich nicht: Rein mit den Getränken, ein zuviel ist bei Temperaturen oberhalb von 20 Grad kaum möglich!
Was soll ich trinken?
Zu klären ist da zu allererst die Frage: Was soll ich trinken? Wasser oder ein leicht gesüßtes Getränk? Ich kann aus Erfahrung sicher sagen, daß für einen Läufer, der unter 2:45 rennt, Wasser das beste Vorwettkampfgetränk ist. Bei Frauen gilt mit 15 Minuten Zuschlag das gleiche. Zwischen 2:45 und 3:15 kann es einmal angebracht sein, Wasser zu trinken und ein anderes Mal besser sein ein leicht gesüßtes Getränk zu sich zu nehmen. Am bekömmlichsten erscheint mir Apfelsaft 1:1 verdünnt mit Mineralwasser, das ist aber eine rein subjektive Betrachtungsweise. Alle anderen gesüßten Getränke gehen auch, wenn sie nicht mehr als 7-8% Zucker enthalten, also isotonisch sind. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint es immer angebrachter zu sein, zu den gesüßten Getränken zu greifen. In der letzten Zeit hat es einige wissenschaftliche Arbeiten gegeben, die sich mit diesem Thema beschäftigten und meist dazu tendierten den Athleten(innen) die süßen Sachen zu empfehlen. Warum? Die zuckerhaltigen Getränke enthalten Kohlenhydrate, die wir im Rennen bitter nötig haben, um möglichst schnell an das Ziel zu kommen. 1 Liter eines solchen Getränks enthält ca. 70 g Kohlenhydrate und das ist bei einer Gesamtmenge, des als Glykogen gespeicherten körpereigenen Kohlenhydrats von 300 - 500 g schon eine ganze Menge. Wenn wir also vorher süß trinken, dann werden unsere Energievorräte gestreckt.
Kommt nicht an.....!
Warum nun aber soll das nicht für alle gelten? Das hängt mit unserer Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme zusammen! Diesen Sauerstoff brauchen wir, um die Kohlenhydrate in Energie umzusetzen. Die Menge der produzierten Energie ist beim Marathonlauf von der möglichen Sauerstoffaufnahme abhängig. Jeder Mensch hat eine größtmögliche (maximale) Sauerstoffaufnahmefähigkeit, die er nicht überschreiten kann. Von dieser maximalen Aufnahmefähigkeit kann der Läufer aber nur eine gewisse Menge für seine Arbeit in der Laufmuskulatur abzweigen, die anderen Muskeln und Systeme, z.B. das Gehirn und die inneren Organe benötigen auch ihren Anteil. Wenn es auch so ist, daß bei hohen läuferischen Belastungen - und Marathon ist eine sehr hohe Belastung - die inneren Organe und insbesondere die Verdauung bei der Blut- und Sauerstoffversorgung auf Sparflamme gesetzt werden. Je besser aber nun ein Läufer trainiert ist, desto mehr seiner maximalen Sauerstoffaufnahme kann er für die arbeitende Muskulatur nutzen. Hochtrainierte Ausdauerspezialisten setzen bis zu 90% ihrer Fähigkeiten in diesem Bereich während eines 42,2 km Rennens ein, der weniger Trainierte nutzt hingegen nur ca. 65% seiner maximalen Sauerstoffaufnahmemöglichkeit für den Lauf. Das heißt mit anderen Worten aber auch, daß der etwas langsamere Läufer noch Sauerstoff zur Verfügung hat, um z.B. Verdauungsarbeit zu verrichten, denn auch für die Verdauungsvorgänge ist Sauerstoff nötig, dieser wird durch das Blut dorthin transportiert, wo er benötigt wird. Wenn aber, wie bei den Hochtrainierten, jedes bißchen, nicht zum überleben nötige Blut in der Laufmuskulatur steckt, dann bleibt für die Verdauung nichts mehr übrig. Anders bei den weniger schnellen Läufern(innen) hier können noch diverse Anteile des Bluts in den Magen- und Darmtrakt geschickt werden, um zum Beispiel das gesüßte Getränk dort zu transportieren und zu verdauen. Bei denen, die immer früher im Ziel sind, ist das nicht möglich, dort liegt solch ein Getränk als schädlicher Ballast im Bauch und Magenprobleme. Diese Probleme erinnern Dich immer an das Gefühl des Luftmangels, welches Du hast, wenn Du nach einer Mahlzeit trainierst. Wobei ich nicht bestreiten möchte, daß es auch sehr schnelle Läufer(innen) gibt die gesüßte isotonische Getränke hervorragend vertragen. Hier gilt wie immer probieren geht über studieren. Wir haben hier in Seesen sehr viel mit Getränken experimentiert, aber leider nur bei Läufern mit einer Zeit um 2:30 und kamen immer wieder zum Wasser zurück.
Radfahrer können
Du wirst jetzt sicher auch verstehen, warum z.B. Radrennfahrer während des Rennens essen und trinken können. Der Anteil der arbeitenden Muskulatur ist beim Radfahren im Gegensatz zum Laufen wesentlich kleiner, es werden somit auch weniger Anteile der maximalen Sauerstoffaufnahme genutzt. Somit ist noch Blut und Sauerstoff zur Verdauung übrig. Auch Langtriathleten und Ultraläufer sollten auf gesüßte Getränke niemals verzichten! Durch die lange Dauer des Wettkampfs, können sie nicht mit einer so hohen Intensität arbeiten, wie ein hochtrainierter Marathonläufer, der immer am Rande der maximalen Sauerstoffaufnahme läuft.
Wenn Du in dem ambivalenten zeitlichen Bereich läufst, mußt Du Dich schon allein entscheiden, was Du trinkst. Wenn diese Entscheidung Dir schwer fällt, dann wähle immer das Wasser, denn dieses macht kaum jemals Probleme. Dies gilt auch für die Getränkeversorgung im Rennen. Noch einmal die Empfehlung in der Zusammenfassung:
Strecke Zeit Empfehlenswertes Getränk
Marathon 2:00 - 2:45 Wasser
Marathon 2:45 - 3:15 Wasser oder leicht gesüßte Getränke
Marathon über 3:15 leicht gesüßte Getränke, eventuell stärker gesüßte Getränke
Ultraläufe leicht gesüßte Getränke, eventuell stärker gesüßte Getränke
Langtriathlon leicht gesüßte Getränke, eventuell stärker gesüßte Getränke