Zitat:
Zitat von DocTom
, drück die Daumen und bin gespannt...
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Hier meine Mail:
Sehr geehrter Herr Fleischhauer,
ich habe mein ganzes Leben in Berlin-Kreuzberg als Psychologe in der Familienberatungsstelle gearbeitet (als Schweizer in Berlin studiert und gelebt), mich dafür engagiert, auch MitarbeiterInnen nichtdeutscher Abstammung einzustellen, und lernte viele unterschiedliche Problemlagen von Arbeitsmigranten und Flüchtlingen aus den unterschiedlichsten Kriegsgebieten in 50 Jahren kennen. Im privaten Bereich treffen bei Familientreffen ganz unterschiedliche Länder aufeinander.
Egentlich lese ich den Focus nicht, aber in einem Sportforum hat jemand Ihren Artikel verlinkt, so dass ich ihn gelesen habe und Sie gestatten, Ihnen ein paar Gedanken dazu mitzuteilen.
Sie nehmen als Beispiel vor allem die Zahlen aus der Anfrage über die afghanischen Flüchtlinge in Hamburg. Sie schreiben: "Von den insgesamt 28.485 Afghanen, die Stand 2022 in Hamburg lebten, waren 6761 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. 9027 bezogen Hartz IV beziehungsweise Bürgergeld, wie Hartz IV jetzt heißt. 4124 erhielten Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz, 2071 Sozialhilfe."
Ist Ihnen dabei nicht aufgefallen, dass die Summe beim beruflichen Status insgesamt 21983 beträgt, d.h. 6502 afghanische Personen gar nicht in der Beschäftigungsstatistik erscheinen, weil sie vielleicht als Selbständige oder von eigenem Vermögen, Rente, sonstige Einkünfte usf. leben? Sie müssten fairerweise das berufliche Merkmal auf die erhobene Gesamtzahl, nämlich: 21983 beziehen. Davon sind dann immerhin knapp 1/3 (6761) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, knapp die Hälfte (9027) bezieht Bürgergeld, ca. 1/5 (Leistungen nach Asylbewerbergesetz, ca. 1/10 Sozialhilfe.
Nun käme es darauf an, diese Zahlen dem Leser zu erklären, was sie bedeuten. Die Bürgergeldbezieher werden vom Arbeitsamt in Arbeitsstellen vermittelt oder befinden sich in Massnahmen, die sie qualifizieren. Von einem Journalisten würde ich erwarten, einfach mal beim Jobcenter nachzufragen, welche Massnahmen für afghanische Arbeitssuchende bestehen und wieviele Afghanen Kurse etc. benötigen, um auf dem heutigen Arbeitsmarkt vermittelbar zu sein. Sozialhilfe wiederum erhalten diejenigen Personen, welche nicht in der Lage sind, ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder Kinder. Leider machen Sie bei Ihren Verallgemeinerungen dann keine Unterschiede zwischen Bürgergeld (ehemals Alg II, Sozialgeld) und Sozialhilfe.
Fragen Sie in 3 und in 5 Jahren wieder nach, wie es mit der Berufsstatistik für Afghanen in Hamburg aussieht. Dann erhalten Sie ein Bild darüber, ob es Fort- oder Rückschritte bei der Integration der afghanischen Flüchtlinge gegeben hat.
Aufgrund einer statistischen Momentaufnahme des Beschäftigtenstatus kann man keine seriös verallgemeinerten Aussagen über die berufliche Integration der Afghanen in Hamburg treffen und erst recht nicht auf andere ethnische Einwanderergruppen wie Türken, Araber pauschal verallgemeinern, was sie leider in Ihrem Kommentar tun, da die berufliche Integration von Flüchtlingen einen Prozess darstellt und eine gewisse Zeit braucht.
Mit freundlichen Grüssen,